
Ein Viertel der Regionalliga-Saison ist gespielt. Zeit für eine kurze Einordnung dessen, was bislang sportlich rund um den VfB passiert ist und was noch vor uns liegt. Sportvorstand Sebastian Harms äußert sich im Gespräch zu den derzeit wichtigsten Fragen rund um die Mannschaft und dem Verein.
Sebastian, bist Du zufrieden mit dem bisherigen Saisonverlauf?
Das erste Zwischenfazit fällt auf jeden Fall positiv aus. Am Ende ist bei der Beurteilung der Blick auf die Ergebnisse wichtig, aber auch die Frage, ob die Mannschaft regelmäßig an ihre Leistungsgrenze kommt und auch in kritischen Situationen die richtige Reaktion zeigt. Das ist bislang insgesamt gelungen. Es ist nicht jedes Spiel in allen Phasen perfekt gelaufen, aber das ist ja auch normal. Wir sind in der Liga noch ungeschlagen, im Landespokal im Halbfinale und im DFB-Pokal in der 2. Runde. Die Derbysiege haben zur positiven Grundstimmung natürlich ebenfalls beigetragen. Insgesamt können wir mit unserer bisherigen Entwicklung zufrieden sein, wissen aber, dass noch ein langer Weg vor uns liegt.
Wie würdest Du denn nach den ersten zwei Monaten die Liga insgesamt einordnen?
Zum jetzigen Zeitpunkt der Saison bietet ein Blick auf die Tabelle zumindest schon ein wenig Aussagekraft. Wir sehen, dass die Liga mit ganz wenigen Ausnahmen sehr ausgeglichen ist. Woche für Woche erleben wir, dass nahezu jeder jeden schlagen kann. Viele Spiele verlaufen sehr knapp. Die meisten Mannschaften haben ein fast ausgeglichenes Torverhältnis und zwischen der Spitzengruppe und den ersten Abstiegsrängen liegen zum Teil nur wenige Punkte.
Was heißt das mit Blick auf unsere Mannschaft?
Wir haben es bislang geschafft, die Aufgaben gut zu meistern. Aber jeder Gegner kann es uns an einem guten Tag schwer machen, das haben wir auch schon erlebt. Selbstläufer gibt es nicht, wir gehen in kein Spiel mit der Erwartung, dieses mal eben so im Vorbeigehen zu gewinnen, sondern wir wissen, dass wir für die jeweiligen Punkte alles investieren müssen, was wir können. Wenn wir an unsere Leistungsgrenze kommen, haben wir gute Chancen, die Spiele erfolgreich zu gestalten.
Die Mannschaft funktioniert, die Kaderzusammenstellung scheint gelungen zu sein. Ist es das größte Lob für Dich, dass rund um den 31.8. niemand gefragt hat, ob noch Bewegung in den Kader kommen muss?
Wenn man möchte, kann man das so interpretieren. Es zeigt aber in erster Linie, dass viele Überlegungen von dem, was wir geplant haben, aufzugehen scheinen. Bekanntlich haben wir frühzeitig mit der Planung dieser Saison begonnen und hatten daher den Kader bereits Anfang Juli komplett. Wir haben im Vorfeld natürlich überlegt, was für Typen und sportliche Qualitäten wir benötigen, um die Mannschaft einen klaren Schritt vorwärtszubringen. Nicht nur der bisherige Verlauf der Saison, sondern auch die Tatsache, dass es in der Kabine vom ersten Tag an gut harmoniert, bestärkt uns darin, dass unsere Entscheidungen richtig waren.
Auch rund um das Team wurden einige Dinge verbessert. Welchen Anteil haben das Trainer- und Funktionsteam am bisher guten Saisonverlauf?
Die personellen Aufstockungen und Neubesetzungen im Athletiktraining, Torwarttraining und in der Physiotherapie haben uns deutlich vorangebracht. Gemeinsam mit dem weiteren Funktionsteam machen alle Beteiligten unter der sehr guten Führung von Lukas Pfeiffer einen klasse Job. Die bisherige gute sportliche Entwicklung ist ihnen allen in ihrem jeweiligen Bereich gleichermaßen zuzuschreiben. Auch in der Infrastruktur konnten wir beispielsweise mit einer verbesserten Ausstattung unseres Kraftraums die nächsten Schritte gehen, wobei wir in allen Bereichen noch weiteres Potenzial zur Verbesserung haben. Wir werden uns auch hier nicht zu früh zufriedengeben.
Was zeichnet Lukas Pfeiffers Arbeit eigentlich aus?
Das Ergebnis seiner Arbeit spiegelt sich regelmäßig auf dem Platz wider. Dass wir seit November 2021 nur ein Pflichtspiel verloren haben, ist Ausdruck dessen, dass er die Mannschaft sowohl sportlich stetig verbessert als auch hinsichtlich seines persönlichen Führungsverhaltens zwischenmenschlich sehr gut erreicht. Das hat er nun bereits zweimal in unterschiedlichen Konstellationen geschafft. Er ist kommunikativ sehr stark und besitzt eine hohe Fachkompetenz. Zudem behält er auch unter Druck einen klaren Kopf und arbeitet in der taktischen Analyse hervorragend.
Wie erlebst Du die bisherige Zuschauerresonanz und die Stimmung in der Region?
Ich nehme insgesamt eine positive Entwicklung wahr. Wir haben die Zuschauerzahlen insgesamt noch einmal gesteigert und die Anzahl der Stammbesucher vergrößert. Das freut uns sehr und bestätigt uns in unserer täglichen Arbeit. Aber natürlich erhoffen wir uns künftig noch zusätzliche Unterstützung für den VfB durch die Menschen und auch die Wirtschaft in der Stadt und der Region. Wir wollen die Leute sportlich begeistern, um noch weiterführenden Zuspruch zu erhalten.
Welchen Anteil haben die Fans an der positiven Entwicklung?
Mit der Heimspielatmosphäre in unserem Stadion unterstützen sie uns sehr. Das gilt insbesondere, aber nicht nur, für die Fans in der Kurve. Besonders freuen wir uns, wenn der Support eine positive Unterstützung unserer Mannschaft bzw. des VfB beinhaltet. Hieraus können die Spieler einfach am meisten Energie ziehen. Von dieser besonderen Lohmühlenatmosphäre, wie sie gegen Hansa Rostock oder im Punktspiel-Derby gegen Phönix besonders zu erleben war, profitieren wir enorm.
Du sprichst Hansa Rostock an, jetzt wartet im DFB-Pokal ein weiteres Highlight. Was dürfen wir gegen Mainz 05 erwarten?
Bevor wir uns mit Mainz 05 detailliert beschäftigen, stehen erst einmal wichtige Spiele in der Regionalliga an, die wir positiv gestalten wollen, und die zunächst unsere ganze Energie erfordern werden. Abgesehen davon ist Mainz 05 natürlich ein etablierter Erstligist, der seit nunmehr 13 Jahren durchgehend in der Bundesliga spielt und viele Nationalspieler in seinen Reihen hat. Da sind wir noch einmal der deutlich größere Außenseiter als schon gegen Rostock. Aber wir werden trotz dieser Vorzeichen selbstverständlich einen intensiven Pokal-Fight liefern. Wenn wir einen guten Tag erwischen und unser Gegner nicht, kann sich im Pokal immer die Chance auf eine Überraschung bieten – wenn das in diesem Spiel so ist, wollen wir diese natürlich nutzen.
In Lübeck schielt der eine oder andere schon in Richtung 3. Liga. Wie siehst Du die Entwicklung in diese Richtung?
Wir müssen Schritt für Schritt gehen. Es ist – wie schon gesagt – noch ein weiter Weg. Selbstverständlich ist es unser Anspruch, ein gewichtiges Wort im Kampf um den Aufstieg in dieser Saison mitzusprechen, aber dafür müssen wir auch in der Zukunft weiterhin kontinuierlich gut arbeiten, müssen möglichst von schweren Verletzungen verschont bleiben, als Team zusammenhalten und auch das notwendige Quäntchen Spielglück kann ab und an nicht schaden. Ob es dann schon in dieser Saison möglich ist, den Aufstieg zu realisieren oder erst zu einem späteren Zeitpunkt, wird sich zeigen. Zudem ist es wichtig, dass wir in der Mannschaft und alle VfBer im Umfeld mit beiden Beinen auf dem Boden und bei allen aktuell positiven Ergebnissen ein wenig demütig zu bleiben. Im Februar haben wir uns alle noch darüber gefreut, als wir knapp die Meisterrunde erreicht hatten. Das haben mir zu viele zu schnell vergessen und hier und da wächst eine Selbstverständlichkeit im Anspruchsdenken, welche die Realität manchmal zu sehr ausblendet. Jeder Schritt muss einzeln gegangen werden und geschenkt bekommt man im Leistungssport gar nichts. Wir sind gut beraten, alle miteinander mit voller Kraft und Leidenschaft an unserer weiteren Entwicklung zu arbeiten. Dann werden wir unsere Ziele als gesamter Verein auch gemeinsam erreichen.
Wäre der VfB vorbereitet auf die 3. Liga?
Grundsätzlich arbeiten wir im Alltag natürlich immer daran, die Voraussetzungen für die 3. Liga in allen Bereichen vorzubereiten bzw. zu schaffen. Wir werden in dieser Spielzeit zunächst zweigleisig planen. Positiv ist es auf jeden Fall, dass der Verein aus der Drittliga-Saison vor zwei Jahren neben der verbesserten Stadioninfrastruktur auch wichtige Erkenntnisse mitgenommen hat und beim nächsten Aufstieg deutlich besser auf die Anforderungen vorbereitet sein wird.
Foto: (c) Agentur 54 Grad